Jauchzende, beseelende Stimmenwand

Konzert: Kantorei an der Peterskirche, Kammerphilharmonie Mannheim und die Solisten Cornelia Winter, Diana Schmid, Martin Erhard und Kai-RouvenSeeger lassen Bachs Weihnachtsoratorium glänzen

Von unserem Redaktionsmitglied Jürgen Drawitsch
Weinheim. Wenn eine große Popgruppe den Erwartungsdruck vom Publikum nehmen will, damit es sich anschließend auf das Folgende besser konzentrieren kann, eröffnet sie ihr Konzert mit dem Hit, auf den alle sehnlichst warten. Johann Sebastian Bach, ein Mega-Star des Barock, wie man heute wohl sagen würde, tat es ebenso, und so ist diese Wand, zu der sich die Sängerinnen und Sänger der Kantorei an der Peterskirche vor dem prächtigen Weihnachtsbaum aufbauen, auch sofort gefordert. Die Kammerphilharmonie Mannheim bereitet es mit Pauken und Trompeten vor, dieses "Jauchzet!" und "Frohlocket", das mitreißt, das begeistert und die Herzen aller öffnet, die das Wunder der Geburt feiern.
Auf zum Stall
Zum Stall von Bethlehem machen sich die Hirten in der zweiten Kantate von Bachs Weihnachtsoratorium auf. Dabei widersteht die musikalische Leiterin der Aufführung in der Weinheimer Peterskirche, Anne-Christine Langenbach, der Versuchung, die bis ins Mark von der Botschaft ergriffenen Männer schleppend musikalisch daherkommen zu lassen. Sie müssen in der Sinfonia schweben und zugleich erwartungsvoll zum Wunder geleitet werden, und genau das tun sie im Tempo, das die Dirigentin vorgibt.
Nicht nur wegen ihres beseelenden Gesangs, sondern vor allem wegen ihrer fast schlafwandlerisch-intuitiven Sicherheit liefert die Kantorei an diesem Abend eine Sternstunde ab. Sie ist auch in kleinen Chorälen so sicher und präsent, majestätisch und bewegend, dass sie sogar den Bariton Kai-Rouven Seeger ansteckt, der im zweiten Teil seine anfängliche Zurückhaltung, die er beim Besingen des großen Herrn und starken Königs noch gezeigt hatte, überwindet.
Wer hätte gedacht, dass die Peterskirche im Jahr ihres 100-jährigen Bestehens, nach den Mühen, die das Jubiläumskonzert schon der Kantorei bereitet hatte, noch einmal zu einer solchen musikalischen Leistung fähig wäre? Das verdient Respekt und Anerkennung für die musikalische Leiterin.
Besonderen Verdienst am Erfolg dieser Aufführung hat indessen auch Tenor Martin Erhard, der sich mit ansteckender Freude und authentischem Verkündigungs-Pathos in die Rolle des Evangelisten begibt. Er muss sie sich nicht ersingen. Er legt los wie ein wahrhaft von der frohen Botschaft der Geburt beseelter und ergriffener Bote. Da singt einer, der authentisch entflammt ist von Wort und Musik, die Bach für das Weihnachtsfest 1734/35 komponiert hat.
Damals gab es noch drei Weihnachtsfesttage, für welche die Kantaten 1 bis 3 gedacht sind. In den Kantaten 4 bis 6, die am Samstag in der Peterskirche aufgeführt werden, wird die Geschichte bis zu den Weisen aus dem Morgenland weitererzählt.
Mit dabei sind dann auch wieder Sopranistin Cornelia Winter, die sich am zweiten Weihnachtsfeiertag mit Kai-Rouven Seeger in der dritten Kantate zum einzigen Duett verband und Altistin Diana Schmid, die das selige Wunder mit viel Herzblut und Farbe in ihren Glauben einschloss. Sie ist mehr als nur Ersatz für die leider erkrankte Anne Catherine Wagner.
Für die beseelende Aufführung gab es am Ende reichlich Beifall und als Zugabe noch einmal den prachtvollen Eröffnungschor, um das Publikum jauchzend und frohlockend an den heimischen Tannenbaum zurückzuschicken.
Die Aufführung der Kantaten 4 bis 6 des Weihnachtsoratoriums beginnt am 29. Dezember
um 18 Uhr. Einlass in die Peterskirche ist ab 17.15 Uhr. Kartenvorverkauf beim Musikhaus
Metz in der Grundeibachstraße und im Kartenhop der DiesbachMedien in der Friedrichstraße.
 
Quelle: Weinheimer Nachrichten vom 28.12.2012