Klangvoller Abendsegen gegen die Angstb20200417

Weinheim. Jeden Abend, nachdem die Turmuhr der Peterskirche sieben Mal geschlagen hat, spielt Bezirkskantor Simon Langenbach mit der Trompete vom Turm herab das Abendlied von Matthias Claudius als kleinen Trost in den Zeiten der Angst, in denen die Welt still steht. „Manchmal“, erzählt er, „höre ich die Anwohner applaudieren oder einzelne Bläser des Posaunenchors der Peterskirche, die in der Nähe wohnen, stimmen von zuhause aus mit Tuba, Posaune oder Trompete mit ein“.

Inzwischen habe sich zusammen mit ihm ein kleines Posaunenchor-Team gebildet, das sich beim Turmblasen abwechselt. „Oft erhalte ich dankbare Rückmeldungen per Telefon, E-Mail oder WhatsApp“, erzählt der Kirchenmusiker und Posaunen-Chorleiter, der zusammen mit seiner Frau Anne-Christine Langenbach die Bezirkskantorenstelle innehat.

Da heißt es zum Beispiel: „Lieber Herr Langenbach, wir singen jeden Abend kräftig mit und würden uns sehr freuen, wenn Sie ein paar Strophen mehr spielen würden.“ Andere Zuhörer klinken sich mit Flöte und Klavier vom Balkon aus ein oder singen einfach mit.

Als „ein schönes tröstliches Abendritual“ bezeichnet eine Stammhörerin das Turmkonzert. „Es ist kurz vor 19 Uhr“, schreibt sie, „ich sitze auf meiner Terrasse und warte auf „den Mond“.

Zu wissen, dass viele Anwohner gleichzeitig zuhören, getrennt, doch in der Musik vereint, schafft in diesen Tagen ein schönes Gefühl der Verbundenheit. „Vielleicht spüren meine Zuhörer auch ein Gefühl der Hoffnung oder die schützende Hand, die uns hält“. Es kam auch schon mal die Anregung, in welche Himmelsrichtungen gespielt werden sollte.

Der Vorschlag eines Stammhörers trifft es auf den Punkt. „Lieber Herr Langenbach, eigentlich sollte man diesen stimmungsvollen Brauch nach der Krise beibehalten, denn Ihr Trompetenspiel ist ein so schöner Abendsegen.“ rav

Quelle: Weinheimer Nachrichten vom 17.04.2020